Protestmarsch am 10.12.2024
Knapp sieben Wochen nach der Demonstration mit mehr als 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf dem Magdeburger Domplatz geht der Protest gegen Kürzungen in der Eingliederungshilfe in eine neue Runde. Grund ist die Vorlage des Entwurfs einer Rechtverordnung am 22. November. Sie soll den vom Land gekündigten Landesrahmenvertrag ab dem kommenden Jahr aufgrund bisher gescheiterter Neuverhandlungen zunächst ersetzen (Details siehe beigefügtem Handzettel). Der Blick in diese Verordnung macht deutlich, was seit Monaten wie ein Damoklesschwert über Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM), Wohnstätten, integrativen Kindertagesstätten und Frühfördereinrichtungen schwebt: Ab 2025 wird es dramatische Kürzungen zu Lasten der Unterstützungsangebote für Menschen mit Behinderungen geben. Eine bedarfsgerechte Versorgung wird so nahezu unmöglich!
Aus diesem Grund sammelt sich wiederholt ein breites Bündnis aus Werkstätten fürbehinderte Menschen, Wohneinrichtungen, Verbänden der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege, ambulanten Assistenzangeboten, privaten Anbietern sozialer Dienste, Integrativen Kindertagesstätten undFrühförderstellen aus ganz Sachsen- Anhalt in der Landeshauptstadt. Diesmal wird der Protest sich nicht auf den Domplatz beschränken, sondern in Form eines lautstarken Marsches durch die Innenstadt öffentlichkeitswirksam Präsenz zeigen. Der Marsch führt vom Domplatz ausan der Staatskanzlei vorbei und über den Breiten Weg zum Bahnhofsvorplatz (Willy-Brandt- Platz), wo eine Abschlusskundgebung geplant ist.
Warum der Protest?
Der Landesrahmenvertrag der Eingliederungshilfe regelt die Leistungen und Vergütungen, die von den Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen erbracht werden. Der Rahmenvertrag wurde vom Sozialministerium mit den Verbänden der Leistungserbringer im August 2019 geschlossen und im Frühjahr überraschend zum Jahresende gekündigt. Als Begründung war vorgebracht worden, die Ziele des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) und der UN-Behindertenrechtskonvention künftig besser umsetzen zu wollen. Im Raum stehen nun aber vor allem empfindliche Personalkürzungen – in unterschiedlichen Leistungsbereichen zwischen 30 und 60 Prozent! Leistungsinhalte sollen hingegen unverändert bleiben. Es ist also aktuell – mitten im letzten Monat des Jahres 2024 - völlig unklar, auf welcher Leistungs- und Vergütungsbasis die Hilfen für Menschen mit Behinderungen ab dem 1. Januar 2025 erbracht werden sollen. Was geschah nach dem ersten Protest? Nach dem großen Protesttag am 24. Oktober gab es bis dato vier Ausschusssitzungen
und ein Fachgespräch mit dem Titel „Persönliches Budget im Arbeitgebermodell“, zu dem das Referat Eingliederungs- und Sozialhilfe im zuständigen Ministerium von Petra Grimm-Benne eingeladen hatte. Am 21. November erhielten die Leistungserbringer dann überraschend den Entwurf einer Rechtsverordnung – mit Möglichkeit zur Stellungnahme bis 29. November. Bereits mit Datum vom 8. November ging ein offener Brief an den Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Reiner Haseloff (Brief im Anschluss). Hierin bitten die Leistungserbringer dringend (!) um ein Krisengespräch, welches jedoch nicht zustande gekommen ist. Aus der Staatskanzlei hieß es mit Datum vom 25. November, man wolle „… Frau Ministerin Grimm-Benne erneut für Ihr Anliegen sensibilisieren.“
Haben Sie anlässlich des zweiten Protestes Interesse an Interviews, O-Tönen, etc.? Folgende
Gesprächspartner stehen ihnen vorab und vor Ort in Magdeburg zur Verfügung:
- Martin Schreiber, Vorsitzender der LAG WfbM Sachsen-Anhalt e. V., +49 176 100 105 06
- Andreas Löbel, Vorstandsmitglied der LAG WfbM Sachsen-Anhalt e. V. und Geschäftsführer der Lebenshilfe Harzkreis-Quedlinburg, +49 171 496 2866
- Doreen Schnee, Vorstandsmitglied der LAG WfbM Sachsen-Anhalt e. V. und Geschäftsführerin der Matthias-Claudius-Haus-Stiftung Oschersleben,
+49 172 209 9379
- Andreas Twardy, Referent des Vorstands der LAG WfbM Sachsen-Anhalt e. V., +49 173589 4160
- Antje Ludwig, Vorsitzende der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen- Anhalt e.V., +49 391 629 3420
Hintergrund:
Die LAG WfbM Sachsen-Anhalt setzt sich für die Förderung, Bildung und Betreuung von mehr als 11 500 Beschäftigten in landesweit 33 Werkstätten ein. Sie arbeitet auf Landes- und Bundesebene mit Verbänden und politischen Vertretungen zusammen. Die Beschäftigten haben in den Werkstätten Möglichkeiten zur Teilhabe am Arbeitsleben. Sie gehen unterschiedlichen Arbeiten in verschiedenen Bereichen nach. Ein wichtiger Bestandteil der Werkstattleistung ist die individuelle Förderung. Die Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) ist eine Einrichtung zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderungen. Menschen, die wegen der Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem Allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, erhalten hier eine angemessene berufliche Bildung und Beschäftigung. Die Werkstätten ermöglichen ihnen, ihre Leistungsfähigkeit zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und ein Arbeitsentgelt zu erzielen. In Deutschland sind aktuell etwa 320 000 Menschen in rund 700 anerkannten Werkstätten beschäftigt. Unter dem Dach der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen-Anhalt sind alle gemeinnützigen Spitzenverbände sozialer Arbeit im Land organisiert: die AWO, die CARITAS,der PARITÄTISCHE, das DRK, die DIAKONIE und der Landesverband Jüdischer Gemeinden. Die Einrichtungen der Verbände unterstützen Kinder, Jugendliche und Familien, Menschen mit Behinderung und organisieren soziale Hilfen sowie Gesundheitshilfen. Die Verbände repräsentieren etwa 30 000 ehrenamtliche und rund 65 000 hauptamtliche Mitarbeitende in mehr als 3 600 sozialen Diensten und Einrichtungen. Zu den privaten Verbänden zählen der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), die Arbeitsgemeinschaft Privater Heime und Ambulanter Dienste (APH) und der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB).